Eine Geschichte. Inspiriert vom biblischen Text Gen 1,1-2,3.
Bereschit barah elohijm et haschamajim w‘et haaretz.
Am Anfang schuf G*tt Himmel und Erde.
W‘haaretz hajitah tohuwawohu. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
Wajomer elohijm jijhi or, wajhi or.
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.
Und Gott sah, dass das Licht gut war.
So schuf Gott die sichtbare Welt. Und mit diesem Licht kamen Farben auf die Erde.
Helle Farben, strahlende, leuchtende Farben. Rot, Grün, Violett, Terpentin, Türkis. Orange und Gelb.
Dunkle Töne, kaum wahrnehmbare Farben.
Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Wajhi woker, jom dechade. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
Und mit diesem Tag war eine Zeit angebrochen. Ein morgen und ein gestern. Und mit dieser Zeit entstanden Worte. Begriffe, die das sichtbare verbinden mit dem unsichtbaren. Und Gott teilte das unsichtbare in Erinnerung und Fantasie. Und Gott sah, dass es gut war.
So schuf Gott die Welt der Gedanken.
Und Gott sprach: Die Welt soll hörbar sein, sie soll klingen und tönen.
Und er ließ Winde wehen auf der Erde, die rauschten und leise wisperten. Und so kam der erste Klang auf die Erde. Und es kamen weitere Töne, hohe und tiefe, laute und leise. Und mit diesen Tönen war die Musik geboren. Und Gott sah, dass sie gut war.
So schuf Gott die Welt der Lieder.
Und mit der Musik kam die Empfindung auf die Erde. Trauer und Schmerz, Freude, Einsamkeit, Erlösung. Und Gott teilte den Tod von der Erweckung. Und Gott sah, dass es gut war.
So schuf Gott die Welt der Seelen.
Und Gott schuf Meere und Pflanzen, Tiere und Menschen, dass sie leben auf der Erde. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: seid wachsam und weise, seht, sprecht und hört alles, was ich euch gegeben habe.
Und es geschah so.
Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.
Die biblische Schöpfungsgeschichte Gen 2, 4-25 mit eigenen Worten nacherzählt.
Die Geschichte beginnt am Anfang. „Wo ist denn der Anfang?“, fragst du vielleicht. Der Anfang ist da, wo die Geschichte beginnt.
Am Anfang gab es noch kein Leben. Doch es gab Erde. Fruchtbare Erde. Adamah. Und Gott dachte, vielleicht lässt sich aus dieser Erde Lebendiges formen. Und in dem vielleicht liegt schon ein Ja. Also ließ G*tt Gras aufsprießen, dichtes grünes Gras, was die Erde überzog. Und Gott ließ Kräuter wachsen, kleine und große Halme mit Blättern und Blüten. Und die Blüten wurden rot, weiß, blau, orange. Und Gtt ließ Bäume wachsen. Große Bäume mit dicken Stämmen, tiefen Wurzeln und weiten Ästen.
Und Gott dachte, es sollte etwas Lebendiges geben, was sich an dieser Schönheit freut. Und so nahm Gott eine Hand voll Erde und formte sie zu einer Gestalt. Und Gott blies Lebensatem in diese Gestalt. Und so wurde Adam, geformt aus der Adamah. Und Adam wohnte in dem Garten, den Gott angelegt hatte und freute sich an dem Grün, an den Blüten und den großen Bäumen. Da schuf Gott jede Menge lebendige Tiere, große und kleine, dicke und dünne, flauschige und knorrige. Und sie lebten zusammen in dem Garten. Aber Gott dachte, vielleicht lässt sich noch etwas Besonderes machen. Und in diesem vielleicht liegt schon das Ja. Gott machte etwas Besonderes. Gott legte Adam in einen tiefen Schlaf und nahm ein Stück aus seiner Seite. Aus diesem Stück formte Gott Eva.
Adam und Eva lebten zusammen in dem Garten. Sie spielten jeden Tag in den Gräsern und Sträuchern und ihre Zeit war wie ein Traum. Sie hatten genug zu essen und es gab Sonne und Wasser. Und Gott sagte: „Esst euch richtig satt. Esst von den Früchten, die aus den Bäumen wachsen. Nur eine Bitte habe ich an euch: Esst nicht von dem kleinen Baum in der Mitte des Gartens, von dem Baum der Erkenntnis. Denn wenn ihr von ihm esst, werdet ihr sterben.“ Adam und Eva nickten und behielten diese Worte in ihren Herzen.
Doch eines Tages traf Eva ein besonders merkwürdiges Tier. Es war sehr lang gezogen und hatte ein hartes Fell. Vielleicht war es gar kein Fell. „Eva“, sagte die Schlange. Etwas in Eva zuckte zusammen, doch sie ging näher zu der Schlange. „Warum dürft ihr nicht von den Bäumen essen?“ Eva runzelte die Stirn. Sie durften doch von den Bäumen essen. Sie aßen so viele Früchte jeden Tag. Aber doch, Gott hatte sie darum gebeten, von dem kleinen Baum nichts zu essen. „Ihr werdet nicht sterben“, sagte die Schlange. Eva wunderte sich über diese Begegnung, doch sie ging weiter, es wehte ein leiser Wind und sie wollte das Blätterrauschen am Fluss nicht verpassen. Erst später, als sie schlafen wollte, begann sie zu überlegen. Eigentlich dachte Eva nicht viel nach. Sie ließ die Zeit kommen und reagierte spontan und intuitiv. Doch nun begann sich etwas in ihrem Inneren zu formen. Ein Entschluss reifte heran und sie konnte nicht mehr zurück. Am nächsten Morgen ging sie zu dem Baum und brach eine Frucht von ihm ab. Sie aß und gab auch Adam zu essen. Noch während sie aßen, begann etwas in ihnen zu brodeln. Es war, als bräche es aus ihrer Körpermitte hervor. Sie sahen sich an und erkannten, dass sie nackt waren. Schnell brach Adam Feigenblätter vom Baum ab und legte sie auf sich und Eva. Sie versteckten sich in den Sträuchern.
Als Gott spazieren ging und durch den Garten kam, rief er nach den beiden. Doch er fand sie nicht. Nur eine leise Stimme kam aus den Sträuchern: „Wir schämen uns. Du sollst uns nicht sehen.“ Da rief Gott wütend: „Habt ihr von dem Baum gegessen? Habe ich euch nicht alles gegeben und nur eine Bitte an euch gehabt? Nun seid ihr verflucht. Adam! Jeden Tag sollst du auf dem Feld arbeiten und dich um das tägliche Essen mühen. Eva! Unter Schmerzen sollst du Kinder gebären. Geht aus dem Garten und kommt nicht mehr zurück!“
Und Gott machte Kleidung für Adam und Eva. Sie war ein letzter Schutz in der Welt. Doch die Scham unter der Kleidung blieb lebendig.